Ein Samstag in London (Borough Market / Brixton / Southall)

Vorher: Fragen über Fragen. Etwa: Warum dämmert Leuten, die stundenlang in der Schlange vor der Sicherheitskontrolle stehen und anderen beim Gürtelaufschnallen, Schlüsselbundablegen und Jackeausziehen zuschauen, erst genau in dem Moment, an dem sie selbst dran sind, dass sie mit Gürtel, Schlüsselbund und Jacke nicht durchgelassen werden?
Oder: Worin liegt der Sinn, im Flugzeug die Rücklehne zurückzuklappen, wenn das jeder tut und alle dadurch nur unbequemer sitzen, anstatt mehr Platz zu haben? Da lobe ich mir Ryanair, denn deren Sitze lassen sich nicht zurückklappen. Geht doch.
Und: Warum zum Teufel geht mir gerade heute "London Bridge" von Fergie nicht aus dem Kopf? Ich seh sie doch gleich (die Brücke, nicht Fergie).
Zuguter Letzt, aus aktuellem Anlass: Warum besorgen sich Leute, die wissen, dass sie eine so schwache Blase haben, dass sie während eines einstündigen Flugs zweimal aufs Klo müssen, nicht selbst einen Gangplatz, anstatt ihre Ale- und Lager-Bäuche ständig an ihrem bloggenden Nebenmann vorbeizuzwängen?
Man weiß es nicht - und will's vielleicht auch gar nicht.

Tipp 1: Wenn man in Heathrow ankommt und sich keine Oyster Card kaufen will (siehe Tipp 2), sollte man sich die U-Bahn-Fahrkarte schon am Automaten in der Gepäckausgabe kaufen. Dort sind die Schlangen kürzer als an der U-Bahn-Station.



Ich merke, dass ich nicht mehr in Deutschland bin: Muss den Bus nehmen, weil die U-Bahn-Station, an de ich umsteigen wollte, wegen eines Polizeieinsatzes gesperrt ist. Der erste Busfahrer lässt mich an der Ampel aussteigen, damit ich nicht so weit zur Haltestelle des Verbindungsbusses laufen muss. Der zweite Fahrer hält für mich an, obwohl er schon losgefahren war. Very charming indeed!





Auf den Straßen von Southall läuft die indische Version von Brixton. Überall liegt der wunderbare Duft indischer Gewürze in der Luft, aus den CD-Läden und den vorbeifahrenden Autos stampfen Bhangra- und Bollywood-Rhythmen, und in den Schaufenstern der Modeläden setzen Saris bunte Farbtupfer.

Neben mir sitzt ein lärmender Indobrite, der - wie er mir ungefragt mitteilt - gerade nach vielen Jahren in den USA nach London zurückgekehrt ist, wo er jet mit breit geknödeltem Ami-Akzent das ganze Restaurant beschallt. Sein verhärmtes, still leidend dasitzendes Gegenüber hat nur drei Minuten Ruhe, als sich der Lautsprecher zum Rauchen vor die Tür verzieht.
Ansonsten läuft auch hier eine Serviceoffensive: Alle fünf Minuten schaut ein Kellner vorbei und fragt, ob alles recht ist, und ob ich noch Wünsche habe. Am Ende kommt auch noch der Chef auf ein kleines Pläuschchen an meinen Tisch.

Es hätte gut in diesen Reisebericht gepasst, wenn ich hätte schreiben können, dass ich "Allein unter Indern" war. Aber dem ist nicht so. In der Pause (Bollywood-Filme haben immer Überlänge und dementsprechend oft eine Pinkel- und Popcorn-Pause) höre ich Wortfetzen, die merkwürdig vertraut klingen - gibt es unter den vielen indischen Sprachen etwa eine, die mit der deutschen Sprache verwandt ist? Nein, es ist eine Gruppe von Deutsch-Indern, die ebenfalls im Urlaub gen Little India gepilgert und ihrerseits überrascht sind, plötzlich auf Deutsch angequatscht zu werden.
Ein letztes Cobra-Fassbier im Glassy Junction, dann ist der Indien-Urlaub zuende.
Ich tippe diese Zeilen beim mitternächtlichen Dunkelbier auf der Hotelterrasse, während sich neben mir drei deutsche Lehrer gegenseitig vom deutschen Schulalltag vorjammern. Egal, das Bier schmeckt, die Londoner Sommernacht ist lau, und morgen ist Karneval.
- Zum Montag in London (Notting Hill Carnival, Tag 2)
- Zum Sonntag in London (Speakers Corner / Notting Hill Carnival)
DrYes - 26. Aug, 01:00
Wenn ich schon...
Ich bin gespannt auf die Fotos!
Zu den deutschen Lehrern und dem deutschen Schulleben: passiert soetwas nicht immer, wenn Menschen einer Berufsgruppe beisammen sitzen? ;-)
In London ...